Montag, 2. Juli 2012

aus der nebelwaschküche

aus der nebelwaschküche


nebelschwaden hüllen das haus, die berge, uns ein und verbergen (bergen) uns vor den wenigen wanderern. das ändert natürlich nichts daran, dass tara von ihrem neu eroberten lieblingsplatz am treppenfuß und mit blick über alles, was hereauf oder hinunterkommt - liegend, plötzlich mit dumpfem grollen über die täler zu schallen.

gestern hat sie einer 5jährigen colliedame unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie, tara, herrscherin des schlächtenwaldes, keine eindringlinge und schon gar keine vierbeinigen, duldet. leider mischen sich die menschen immer viel zu schnell und zu unsachgemäß ein, so kann ich eigentlich nicht abschätzen, ob tara "sauber" agiert. die colliedame hatte sich schon (quietschend) auf den rücken gepackt, tara über ihr, pfoten drauf - aber da die zur collimadame gehörenden vater und töchter ihren hund gleich panisch unter ihre knie klemmten und dann auch noch sky am halsband wegzerren wollten, der eigentlich nur schauen wollte, was los war...(ich hatte eigentlich nur deshalb angst, dass sky sich so etwas nicht gefallen lässt) - die colliehündin hatte keine schramme, kein garnix, nur einen schock....ich hab mich höflich entschuldigt und dem hund wasser gebracht. tja...so isses. herdenschutzhunde haben es selbst in den alpen mit wanderern und radfahrern und touristenhunden nicht leicht, zu unterscheiden.
mit dem bauern ist es ein seltsames und mir langsam leid werdendes trainingsfeld. die stimmungen wechseln wie der alkoholpegel, manchmal gibt es den ganzen tag über verstreut eingestreute hinweise, dass ihm meine hunde zuviel sind. dann wieder gabs eine zeitlang bei jedem melken ärger wegen der schlechten milchqualität. natürlich muss man beim melken auf vieles achten und sicher hat jemand mit 30 jahren erfahrung viel mehr ahnung von jeder seiner kühe als ich, die vor 30 jahren mal eine melkerlehre gemacht habe. allerdings waren die anweisungen fürs richtige ausmelken der kühe im dorf unten noch ganz andere als jetzt manchmal hier oben. unten nämlich standen die kumpels des bauern mit der bierflasche neben ihm, ich unter den kühen auf dem melkschemel und er hatte eigentlich nur interesse, dass ich schnell die maschine abhängte, er den schweren melkeimer ausleeren konnte und ich bei der nächsten kuh weitermachen sollte.

hier oben sieht das ganze etwas anders aus, aber es kommen auch noch erschwerende faktoren wie (abends) unglaublich verdreckte (um es direkt zu sagen: zugeschissene) euter und völlig verdreckte milchleitungen hinzu. diese tatsachen ließen sich ändern, werden aber (wie viele andere missliche umstände) vom bauern nicht wahrgenommen. zum vergleich habe ich mal bei einem der nachbarn die euter fotografiert, weil euterpflege eben so oder so aussehen kann. meine versuche, bei uns auch mal mit einem eimer lauem wasser und einem lappen an die besonders schmutzigen kühe heranzugehen, wurden vom bauern alle abgeschmettert. dafür bekam ich regelmäßig vorträge, wie teuer diese bei uns verwendeten waschtücher, die nichts anderes als sauteure brillenputztücher im eimer sind (ein eimer kostet 47 franken!) - nur taugen die eben (und wenn ich nur eines, maximal 2 pro kuh verwenden darf) überhaupt nichts, weil sie entweder bei einer zitze allein schon voller kuhmist sind oder sofort reißen. von aufsauegn oder wascheffekt kann keine rede sein.

dann hat unlängst, weil beim melkmaschinenspülen gar nichts mehr ging, der nachbarsbauer geholfen, die leitung zu reinigen und der anzugsstopfen war komplett verdreckt. dem wird hier aber scheinbar nicht mit zweimal im jahr vorgesehener leitungsgrundreinigung nicht rechnung getragen, sondern stattdessen werde ich angeblökt, ich solle beim anhängen der melkmaschinen nicht soviel vakuum einziehen lassen. das ist natürlich auch ein aspekt beim sauberen melken, aber im vergleich hänge ich die maschinen ebenso schnell und luftsaugend an wie der bauer. immer abhängig von den einzelnen, individuell geformten eutern, versteht sich.
dazwischen gibt es immer wieder tage, da sagt der bauer gar nichts zu meinem melken, manchmal verzieht er das gesicht, das kann ich dann deuten, wie ich will. oft genug kam es schon vor, dass er nur von hinten oben über mir und der kuh draufschaute, womit er maximal die hinteren beiden zitzen sehen konnte und barsch meinte, die kuh sei längst fertig. wenn ich sagte, die vorderen striche (zitzen) fühlten sich aber noch voll an, wurde das abgewiegelt.
wenn ich beim nächsten mal vorsichtshalber fragte, ob die kuh - seiner meinung nach - fertig sei, lautete die antwort: das könne er von außen doch nicht sehen.
???????????????????????
speisekammer: ich solle die tür zumachen, wegen der mäuse! vollkommen richtig, hatten die sich doch schon am hundefutter gütlich getan!
wer lässt bei jedem bier, das er sich aus der kammer holt (und das sind nicht wenige!) die tür offen?
das jüngste kalb darf seit gestern mit dem schwarzen kalb im iglu wohnen. nur war es es eben seit seiner geburt vor ca 4 wochen im stall angebunden und hatte noch nie das vergnügen, auf eigenen füßen sich laufend und mehr als 10 cm vor und zurück bewegen zu können. nun ist es erst einmal völlig verdutzt und liegt sicherheitshalber ganz viel. aber gut. es verdankt seine neue bein- und halsfreiheit auch nicht der einsicht oder herzensgüte des bauern, sondern dem umstand, dass der kleine graue seit wochen/monaten hustet und nicht trinkt und schon ga rnicht zunimmt.

der nachbar, dessen kühe so saubere euter und schwänze bei jedem melken haben, weil er einfach zeit und geduld dafür aufwendet (er bekommt von seinen kühen viel und gute milch), hatte uns empfohlen, dem kleinen grauen kalb, meinem "hungerleider", heu zu fressen anzubieten, damit er vielleicht besser trinkt und endlich wieder zunimmt. der bauer sagte nichts zu diesem vorschlag, den ich dann auf eigene faust 2 tage lang befolgte. beim abendessen am 3. tag gab es die aussage vom bauern, ja, der kleine trinke etwas besser. ich gerstand, heu gefüttert zu haben - und bumms, da kam das unwetter! das gäbe dann weißes statt rotem fleisch und brächte gar kein geld mehr! ähm, wenn der kleine so mager geschlachtet würde, voller milch von antiobiotisch behandelten kühen - dann gäbs auch kein geld?
der kleine hatte schon vor 2monaten eine lungenentzündung - die (viel zu spät, aber immerhin) behandelt wurde. worauf schiebt der bauer die schlechte entwicklung des kleinen? richtig, auf den iglu und den "freilauf".
bei dem jüngsten, das nun an des grauen stelle draußen wohnt, hat er gestern beim "umparken" festgestellt, dass es auf beiden augen einen großen weißen schimmer hat.
ich hatte, da der bauer ja bei der geburt der kleinen dora nicht da war, ihn abends gefragt, was das denn auf den augen sei und ob sich das im laufe der zeit noch verändere. ohne mir wirklich zuzuhören, jaja geantwortet und sich nach so langer zeit darüber wundern, dass das kalb vielleicht sogar blind sein könnte?
einkauf für die menschen: während bei mir mit dem kostgeld immer gern gespart wird, solang es geht, gibt der bauer für seine einkäufe unsinnig viel geld aus. vor 4 wochen hatte ich im coop ein 1kg-kirschkonfitüre-glas für 2,75 erstanden, das bis gestern gehalten und schöne frühstücksbrote beschert hatte.
der bauer kommt mit 2!!! gläsern neuer marmelade für JE 4,10 sfr an. meine erstaunte frage, warum wir so teure 320grammgläser kaufen, wurde beantwortet mit: "da haben wir wenisgtens etwas abwechslung!".
so kann man das auch betrachten:=)

solche ungereimtheiten gibt es hier jede menge und je länger ich hier bin, desto klarer entseht das gesamtbild. mit zunehmendem alter minimiert sich (vermutlich bei den meisten von uns) die fähigkeit, aus seinem eigenen strimel herauszufinden und sich auf "von außen" kommende menschen einzulassen. bei der alpgehilfensuche ist es natürlich umso schwerer, weil man damit rechnen muss, dass sich zu so einem schlecht bezahlten job (13 euro pro tag für 7 tage die woche plus logis ohne strom, warmwasser und anderen komfort) nur menschen bewerben, die raus wollen, einzelgänger sind und eigene ideen mit sich herumtragen. wahrscheinlich sind es oft genug auch in irgendeiner art kleinere oder größere sturköpfe, die ein solches alpleben wählen.

meine konsequenz ist jedenfalls: wenn noch einmal etwas gegen meine hunde kommt, gibts eine klare an- bzw. absage. und alles andere schaue ich mir noch eine weile an, dann wird sich für eine neue stelle oder ganz etwas anderes entschieden. bis zum ende der saison sehe ich mich hier nicht.
zumal ich seit über 2 monaten auf den vom bauern unterschriebenen arbeitsvertrag warte. und zwar mit stimmigen zahlen, in dem jetzt - bei der gemeinde vorgelegten - ist kost und logis mit 950 franken angegeben, dafür könnte ich allerdings 2 mal pro woche im hotel auf dem niesen übernachten, duschen, essen, usw.:=))) mal abgesehen davon müsste ich bei einem tatsächlich so hohen "einkommen" steuern zahlen, tatsächlich habe ich knapp 400 euro auf dem konto. und bin hier krankenversichert, muss mir aber ständig anhören, wie teuer ich sei.
nun: am ende des liedes kann ich mich freuen, dass ich so großartige vorträge bei youtube zum thema selbsterkenntnis und wahrem ZEN gefunden habe, die ich beim ausmisten des stalles auf dem (glücklicherweise nicht - w egen früherer nichtbenutzung - verkauften mp3player hören und überdenken und umsetzen kann.

die vorteile des gewählten lebens hier oben liegen auf der hand:
1) ich stehe mit den hunden auf und mitten auf der weide, wo sie herumtollen, rennen, spielen und gassigehen können nach herzenslust und ohne, dass ich bei taras großem abwesenheitsradius gleich angst haben muss.
2) ich kann die zeit, die ich tagsüber zur verfügung habe, wenn der bauer (wie heute beim oldtimerfest trinken) ist, nutzen wie ich will. das aufräumen, putzen, nach den tieren sehen, lässt viel freiraum.
3) es gibt wenig verkehr und na gut, fluglärm habe ich hier auch (leider), aber verglichen mit schönefeld ist es doch eher harmlos.
4) die übung mit dem bauern ist und bleibt, mich nicht zu verbiegen und seine macken zu sehen, wie sie sind.
5)zu sein;=)))
der genuss, wieder mehr lesen zu können, ist auch unerwähnt geblieben, annie proulx schilderungen aus "mitten in amerika" passten gut hierher. die japanischen märchen, die katakana und hiragana, die haikus und die zenweisheiten geben gut zu tun und bringen genug geistige nahrung zu all den beobachtungen, die ich machen kann, wenn ich mit den hunden auf unseren lieblingswanderwegen umherstreife (meist sind es gar nicht die wege, die wir nutzen, sondern genau die weiden und wälder, steinrutsche nebendran)
ich glaube, die hunde haben sich mit dem hier eingerichteten rthmus angefreundet, tara kennt die umliegenden wälder und abhänge, bergaufzüge wie ihre fellflusen und sky findet auch lanngsam wieder zu sich.
wir gehen jetzt erst einmal im nebelstochern.....das wetter hält uns den massentourismus fern, das ist ein nicht zu unterschätzender vorteil am sogenannten "schlechten" wetter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen