Montag, 23. Juli 2012

die kuh und die fallstricke

MONTAG. nachdem es ja anfangs ewig gedauert hat, bis ich mal einen dauerauftrag für mein salär eingerichtet bekam, hat der bauer, wie ich heute feststellen musste, sehr schnell selbigen wieder eingestellt und schwupp, habe ich heute noch immer kein gehalt für juli auf meinem konto...
wenn er sich damit mal nicht selbst einen letzten strick gedreht hat....
sonntag. nachdem gestern der ganze tag und die vorangegangene nacht nebelverhangen und stark begossen war, sind die himmelswächter wohl heute den wanderern wohlgesonnen.
das bedeutet allerdings auch, dass ich tara wieder an der leine halten muss, denn selbst unsere sonst - von anderen nicht frequentierten wege - sind heute den pilzsammlern einen abstecher von den wanderwegen wert und somit für uns nicht die richtige ausweichmöglichkeit.
die käseregale werden zunehmend voller, es sind schon 36 runde 5kg-kunstwerke, die ich jeden tag mit salzlauge "schmieren" oder "putzen" muss. das ist eine ganz meditative arbeit und es ist schön, anzusehen, wie der selbstgemachte käse so reift.
dennoch sehe ich eben auch jeden tag hinter die kulissen und muss immer öfter feststellen, dass selbst ein vermeintlich fast "bio"-ähnliches alpleben für die kühe und schon gar nicht für die kälber ein solches wirklich ist.
grundlegend liegt das an der tatsache, dass kühe natürlich nur milch geben würden, wenn sie ein oder zwei kälber zu versorgen hätten. also nicht das ganze jahr hindurch täglich und schon gar keine 10 bis 14 liter pro melkvorgang.
also wäre zu hinterfragen, warum menschen überhaupt als erwachsene noch milch zu sich nehmen müssen/wollen?
lassen wir die basisgedanken einmal beseite, kann ich nur immer wieder festhalten und bemerken, dass:
1) ja, die kühe hier nachts draußen weiden können (und also tagsüber im stall von den fliegen weitestgehend verschont bleiben)
2) die kühe dennoch geschlagen werden, zwar nicht mehr so oft wie anfangs nach dem alpaufzug, weil sie sich jetzt doch schon an ihre stellplätze gewöhnt haben, aber eben - je nach alkoholkater des bauern vom vortag - immer mal wieder.
letztens wollte ich gerade einer kuh von der anderen seite den kopf aus dem futtertrog herausschieben, als der bauer seiner wut über die falsch stehende kuh freien lauf ließ und mit dem knüppel mit voller wucht zwischen die hörner schlug. prompt wandte sich die kuh zu meiner seite und ich hatte die hörner zwischen den rippen.
das zweitjüngste kalb hat schon seit geraumer zeit durchfall und eine saftige erkältung, die meiner meinung nach nicht nur mit dem unsäglichen tagundnacht-angebundensein zu schaffen hat, sondern auch am geizen mit dem stroh liegt. das nämlich ist relativ teuer und wurde vom bauern wohl nicht in ausreichender menge im voraus besorgt, deshalb müssen die kleinen und schon größeren und bald zum schlachten gehenden kälber oft genug nachts auf nassem stroh liegen, über das nur so pro forma etwas trockenes drübergesäat wird.
bier und schnaps ist immer ausreichend vorhanden, ich habe diesbezüglich noch nie einen engpass erlebt.
das zweitjüngste (carola) hat seit seiner geburt einen (bereits diagnostizierten) nabelbruch, gegen den aber (aus kostengründen?) nichts unternommen wird. auch die erkältung, das hecheln des kalbs und sein lethargischer zustand sind für den bauern kein grund, sich zu kümmern. das fieberthermometer wird täglich unten vergessen.
nun ist es nicht so, dass der bauer ein unumgänglicher oder brutaler mann ist. auch, wenn er mich manchmal tage da unten im dorf ohne geld und essen einfach sitzen lässt, während er im restaurant speist, es ist wahrscheinlich einfach nur dieses egomane verhalten eines sich-selbst-bemitleidenden opferschauspielers.
manchmal denke ich, menschen, die kein stück einfühlungsvermögen besitzen, sind in gewisser hinsicht fast noch schlimmer, weil niemand drauf kommt, dass so jemand andere auch schädigen und ihnen qualen verursachen kann. bei jemandem, der ganz offensichtlich gewalttätig ist, zeigt es sich leichter mit dem finger und es schreibt sich auch viel besser im BLICK darüber;(
was mein sein hier angeht, so sind die tage gezählt und seit ich gekündigt habe, werde ich ja auch - manchmal muss ich noch auffordern, aber immerhin, - mit kost und logis versorgt. die tiere jedoch ............???????????????????? auch das thema "schlechte milchqualität" - an der ja angeblich ich schuld bin, kommt mir täglich beim abendlichen melken wieder aufs gedankentablett. wie schon beschrieben, darf ich aus unerfindlichen gründen die euter ja nicht mit wasser waschen, sondern muss dies mit den nur einzeln zu benutzenden (zu teuer) putztüchern machen, die die stabilität von brillenputztüchern haben. ich habe gestern mal fotos gemacht von der sauberkeit der euter NACH dem melken durch den bauern. da eine zu hohe keimzahl nicht durch falsches melken, sondern durch mangelnde stall- und euterhygiene entsteht, lässt sich leicht ausrechnen, wieviel von der schlechten qualität in meiner melktechnik zu suchen ist.
momentan spielt die milchgüte ja keine rolle, jedenfalls kontrolliert sie niemand, weil wir ja käsen. und wenn der bauer seine milch wieder verkauft, bin ich schon nicht mehr hier. und nach wie vor ist ja auch das melken ansich immer wieder ein thema.
wie oft schon musste ich im dorf unten alle meine arbeiten am pc unterbrechen, weil wir ganz schnell und dringend hochfahren mussten. manches mal saß ich mit hunden und gepäck bei brütender hitze schon im auto und der bauer plötzlich wieder mit der gerade heimgekkehrten nachbarin im garten beim bier. plötzlich war nichts mehr wichtig am aufbruch.
oder aber wir kamen oben an, ich hatte den stall fertig ausgemistet (selbst, wenn die güllegrube aus lauter schlamperei und schlechter vorsorge randvoll war/ist) und sieh da, der melkbeginn musste den 2 oder 3 bier weichen, weil der nachbar just angekommen war.
noch bizarrer finde ich, wenn mitten beim melken alles stehen und liegengelassen wird, weil auch wieder jemand zum gemeinsamen anstoßen auftaucht. da spielt die miclhqualität oder die tatsache, dass ein am leergemolkenen euter saugendes melkgerät schmerzen bei der kuh verursacht, überhaupt nicht mehr wichtig sind.
nun denn, was bleibt? schöne zeiten für die hunde und mich, in denen wir weit durch die berge streifen können. die erkenntnis, dass landwirtschaftsjobs sehr genau unter die lupe genommen werden sollten und fleischverzehr für mich nciht mehr in frage kommt, bei der milch steige ich auf soja um......und mich immer wieder zur freundlichkeit zu ermahnen, weil man anders gar nichts an änderungen dür die tiere erreicht, bleibt auch eine nicht immer einfache aufgabe für mich...
und in sachen herdenschutzhunde hat mich die zeit hier mit tara viel gelehrt. zum beispiel, dass für einen hsh nicht die herde die entscheidende rolle zur verteidigung spielt, sondern in taras fall ganz klar: das Territorium!
gestern abend gabs auch noch ein interessantes lehrstück, denn roland, der nachbar von oben, papa von 4 kleinen kindern, schritt ziemlich schnell aus und hatte dabei einen seiner buben auf den schultern. er wollte schnell nach hause. nun muss man wissen, tara kennt sowohl roland als auch seine familie sehr gut, sie mag sie und ist mit den kindern überuas geduldig. sie betrachtet deren haus, wo wir schon oft zu besuch wwaren, scheinbar auch als zu unserm gelände gehörig.
nur gestern abend hatte sie von unten gesehen, wie eine für sie nicht definierbare, weil viel größer gewordene gestallt schnurstracks auf rolands alphütte zuschritt. sie rannte den berg in nullkommnix hinauf, bellte, bellte und stellte sich in gebührender entfernung auf, wahrscheinlich doch verunsichert vom geruch, den sie ja kennt.
es war kein rückpfiff oder sonst etwas möglich, obwohl roland samt bub längst im haus verschwunden war. tara blieb dort oben hocken und kriegte sich nicht mehr ein in ihrer verunsicherung, was zu tun sei, wie sie den kindern helfen sollte;=) erst, als ich mit dem auto des bauern bis zur ecke fuhr, kam sie, verbellte gleich erst einmal mich samt auto und erkannte dann ganz kleinlaut ihren irrtum, sprang klaglos ins auto und schien froh, dass ihre welt wieder in ordnung war. ihr schnarchen gleich darauf, als sie blitzähnlich eingeschlafen war, herzerweichend, es hatte sie wohl ganz schön mitgenommen:=)

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